PRO Waldhof sieht die DFB-Richtlinien zur Vergabe von Stadionverboten (SV) sehr kritisch. Dabei haben wir aus eigenen Erfahrungen heraus insbesondere drei Kritikpunkte bzw. Forderungen.

1. SV-VERGABE BEI EINLEITUNG EINES ERMITTLUNGSVERFAHRENS IST WILLKÜRLICH

Der DFB begründet die Vergabe von SV bereits bei der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens damit, dass es sich hierbei nicht um eine Strafmaßnahme, sondern um eine Präventivmaßnahme handle. Unter Fußballfans wird allerdings ein Stadionverbot immer als eine Bestrafung empfunden. Zudem wird diese „Strafe“ häufig auch vorschnell gegen solche Fans ausgesprochen, die sich später als unschuldig herausstellen.
Wir haben in unserer Fanszene schon einige Beispiele erlebt, dass dieses Instrumentarium gerne im sogenannten „Gießkannenprinzip“ angewendet wird. So wurde zum Beispiel 2009 auf dem Weg zum Auswärtsspiel in Freiburg, in Folge einer Auseinandersetzung zwischen SVW-Fans und KSC-Fans am Karlsruher Hauptbahnhof, vielen Mannheimer Zugfahrern die Weiterreise untersagt und diese erkennungsdienstlich behandelt. Daraufhin wurde gegen alle von dieser Maßnahmen betroffenen Fans ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und ein Stadionverbot ausgesprochen. Die Ermittlungen konnten jedoch letztlich nicht einmal eine Handvoll Waldhof-Fans als beteiligte der Auseinandersetzung identifizieren. Somit wurden zahlreiche Fans zu unrecht vorübergehend mit Stadionverboten belegt.
Ebenso wurde im Jahr 2011, in Folge einer Auseinandersetzung zwischen Mannheimer und Darmstädter Fans auf einem Autobahnrasthof, einer gesamten Busbesatzung von Waldhof-Fans die Weiterreise untersagt und diese erkennungsdienstlich behandelt. Ihnen wurde vorgeworfen, an ebenjener Auseinandersetzung beteiligt gewesen zu sein. Deshalb wurden gegen alle Ermittlungsverfahren eingeleitet und Stadionverbote ausgesprochen. Im Nachhinein wurde nur ein einziger Mitfahrer des betroffenen Busses überhaupt als Tatbeteiligter ermittelt. Auch hier waren wieder dutzende SVW-Fans vorübergehend zu unrecht mit einem Stadionverbot belegt.
Diese beiden Beispiele zeigen, dass die DFB-Vergaberichtlinien für Stadionverbote der Willkür Tür und Tor öffnen. Solange ein Stadionverbot nicht an eine ermittelte und nachgewiesene Schuld einer Person gekoppelt ist, werden immer wieder auch völlig unschuldige Fußballfans von dieser Maßnahme betroffen sein. Deshalb lehnt PW die Erteilung eines SV bereits bei der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens kategorisch ab.

2.  DIFFERENZIERUNG ZWISCHEN ERST- UND MEHRFACHTÄTERN NÖTIG

Bei tatsächlich identifizierten Tätern erachten wir eine Differenzierung zwischen Erst- und Mehrfachtätern für sinnvoll. Sollte eine Person zum ersten Mal im Umfeld eines Fußballspiels negativ aufgefallen sein, halten wir es für zielführender, diesen Fan wieder in die gewaltfreie Mehrheit der Fanszene zu integrieren statt ihn aus dem Stadion auszusperren. Das SV könnte nämlich dazu führen, dass der Ersttäter zukünftig die Spiele außerhalb des Stadions mit anderen, ebenfalls mit SV sanktionierten Fans verbringt, die mitunter schon mehrfach durch Straftaten aufgefallen sind. Somit bestünde die Gefahr, dass dieser, bisher einmalig auffällig gewordene, Fan in die gewaltbereite Fußballszene abgleitet. Außerdem kann die Erteilung eines SV zu vermehrtem Frust und Aggression beim Betroffenen führen, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass er in der Folge außerhalb des Stadions sicherheitsrelevant in Erscheinung treten könnte.
Wir schlagen stattessen vor, Ersttätern ein „Stadionverbot auf Bewährung“ zu erteilen mit zielführenden Auflagen, wie z.B. an den sogenannten „Risikospieltagen“ bei der von PW im Stadion durchgeführten Spendenaktion „Saufen für die Jugend!“ beim Ausschank mitzuhelfen. Somit ist gewährleistet, dass der sanktionierte Fan sich nach dem Spiel nicht gleich aus dem Stadion entfernt und für einen guten Zweck engagieren muss.

3. ÄNDERUNG DER ZUSTÄNDLICHKEITEN NÖTIG

Nicht zuletzt sollte nicht das Stadionverbotsgremium des gastgebenden Vereins, sondern des Vereins, zu dessen Fanzene sich der betroffene Fan zählt, für diesen zuständig sein. Denn der eigene Verein kann die Wahrscheinlichkeit, ob dieser Fan in Zukunft ein weiteres Mal negativ auffallen könnte, besser einschätzen und somit im Falle eines Ersttäters geeignete sozial-integrative Maßnahmen ergreifen.