Stadion für alle! – Zum Aktionstag für Menschen mit Behinderung im CBS
Fußball verbindet, Waldhof verbindet. Wie bei kaum einem anderen gesellschaftlichen Ereignis ist es beim Fußballspiel völlig normal, dass verschiedene gesellschaftliche Schichten – unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Religion, sozialer Herkunft und Orientierung – Seite an Seite stehen und mit ihrem Team fiebern. Dafür steht die Waldhof-Familie. Und natürlich steht sie auch für Inklusion, sollte sie zumindest. Schaut man sich aber die aktuellen Verhältnisse für Menschen mit Behinderung im Carl-Benz-Stadion genauer an, kommt man schnell zur Erkenntnis, dass diese, um es milde auszudrücken, nicht mehr zeitgemäß sind. Will man es deutlich sagen, bleibt einem nur der Begriff „katastrophal“.
Im Idealfall echter Inklusion wären für alle Menschen alle Zuschauerbereiche im Stadion zugänglich. In der wenig idealen Realität gibt es für Menschen mit Behinderung in unserem Stadion nicht mal einen Bereich auf der Tribüne. Sie stehen direkt am Spielfeldrand, und es wäre schon viel damit gewonnen, wenn eine Alternative zu diesem Bereich gefunden werden könnte. Zwar mag der Platz am Spielfeld auf den ersten Blick auch Vorteile bieten: Man ist nah dran am Geschehen und kommt auch leichter mit den Akteuren auf dem Platz in Kontakt. Der zweite Blick ist aber weniger vorteilsvoll. Nicht nur, dass man hier Wind und Wetter weitgehend ungeschützt ausgesetzt ist – also Hitze und extreme Sonneneinstrahlung im Sommer, Regen im Herbst und Schnee und Eis im Winter. Gerade unter den Rollstuhlfahrer/innen gibt es zudem auch viele Personen mit medikamentös behandelten Erkrankungen, denen extreme Wettersituationen mehr zu schaffen machen als gesunden Menschen.
Auch ist die Nähe zum Spielfeld nicht unbedingt ein Vergnügen, wenn man weiß, dass man auf heranfliegende Bällen nicht gut reagieren und ihnen ausweichen bzw. sie abwehren kann. Hinzu kommt, dass alleine der Weg zum Spielfeldrand durch steile Passagen, zu querende Stromkabel, Schotterbereiche usw. zum Hindernislauf wird. Dass dann auch noch im Umkreis des Platzes weder behinderungsgerechte Toiletten noch ein entsprechend ausgerüsteter Versorgungsstand existiert, komplettiert das Gesamtbild.
Natürlich ist der aktuelle Stand nichts Neues und allen Beteiligten bekannt. Und natürlich gab es hierzu auch schon mehrere Gespräche und auch Lösungsansätze. So wurde eine Lösung mittels Rampen als Zugang zu Block A in Aussicht gestellt. Durch die aktuelle Debatte zur Sanierung des Stadions und der dann möglichen Schließung der offenen Ecken wurde diese aber bis auf weiteres verschoben.
Zwar gab es mit der Entnahme einiger unterer Sitzreihen auf der Walter-Pradt-Tribüne und der Verlegung der Plätze hinter den Zaun eine vermeintliche Übergangslösung. Diese erwies sich aber als untauglich und alleine schon aus Platzgründen als ungut und wurde folgerichtig auch von den betroffenen Personen abgelehnt. Dass die Sicht hinter dem Zaun und der Ersatzbank alles andere als gut ist, erschließt sich zudem von selbst. Notgedrungen wechselte man also wieder an den Spielfeldrand zurück und wartet weiter auf eine echte Lösung.
Es ist uns klar, dass man angesichts der laufenden Machbarkeitsstudie zur Zukunft des CBS bzw. der noch andauernden Diskussion um einen Neubau möglichst wenig öffentliche Gelder aus der eh klammen Stadtkasse versenken will. Allerdings dürfte allen genauso klar sein, dass bis zur angedachten Sanierung noch viel Zeit ins Land ziehen dürfte und eine Verbesserung der Inklusionssituation jetzt notwendig ist.
Von einer Stadt, die sich Teilhabe und Vielfalt ins Leitbild schreibt (s. Leitbild Mannheim 2030), erwarten wir, dass hier zeitnah zumindest eine Übergangslösung geschaffen werden kann, die am besten zusammen mit den betroffenen Personen erarbeitet wird, um ihre Praxistauglichkeit zu garantieren. Von der Sanierung selbst erwarten wir, dass diese nicht nur die Missstände bei den Rollstuhlfahrern behebt, sondern auch alle anderen Menschen mit Behinderung inkludiert. Nur so ist es möglich, dass wirklich alle Fans Seite an Seite die Spiele verfolgen können.