Straßenkunst mit Kick auf Kästen der MVV. Fußballhelden gewinnen am Straßenrand technisch perfekt Kontur

Straßenkunst mit Kick auf Kästen der MVV. Fußballhelden gewinnen am Straßenrand technisch perfekt KonturDie Fußballhelden steigen vom Olymp und feiern ganz in Blau-Schwarz am Straßenrand Auferstehung: Seppl Herberger, Albert Brückl, Otto Siffling – die Ideole gewinnen klare Kontur, verwandeln graue gesichtslose MVV-Verteiler-Kästen in kleine Denkmäler und lassen so en passant jedes fühlende SV-Waldhof-Herz höher schlagen. Street-Art mit den identitätstiftenden glorreichen Kickern von einst, technisch perfekt gemacht und schön mit der Schablone aufgebracht – da schaut selbst der Großvater gerne hin, der ansonsten mit der Sprayerszene nichts am Hut hat, und jeder Fußballfan dünstet ganz locker Wir-Gefühl im Vereinstrikot aus.

Der Fan-Dachverband PRO Waldhof hat die Offensive gestartet und insbesondere die Initiative „DoppelPass – SV Waldhof Mannheim – Fans gegen Gewalt und Rassismus“ führt das Projekt nach allen Regeln der Straßenkunst aus und setzt damit ein Zeichen für ein kreatives modernes Zusammenspiel nach vorn, eine Steilvorlage für die Stadt und ihre Sportbegeisterung.

PRO Waldhof mit Kreativ-Kraft

Straßenkunst mit Kick auf Kästen der MVV. Fußballhelden gewinnen am Straßenrand technisch perfekt KonturDabei werden bei diesen sprühenden Werbe-Aktionen strenge Regeln eingehalten, klare Absprachen beachtet: nur auf den von der MVV extra für diesen domestizierten Streetart-Auftritt genehmigten Verteiler-Kästen wird mit Farbe fein geschossen. Dariusch Hafezi, Lehrer für Grafik-Design in Heidelberg mit blau-schwarzer Grundierung hat als einer der DoppelPass-Anführer das Feld für die Legenden der Sportgeschichte strategisch vorbereitet, mit der MVV verhandelt, Überzeugungsarbeit geleistet, Muster geliefert. Und die MVV brachte schließlich trotz einiger Bedenken die Energie auf, das Experiment zu genehmigen. Als Mann, der die Technik der künstlerischen Umsetzung perfekt beherrscht, stellte sich Daniel Hoffner in den Dienst der Sache. Er fertigte die Stencils, die Schablonen, die dieser Kunstrichtung den Namen geben. Besonderes Markenzeichen des Szenemeisters: Mit einem Stencil bringt er mehrere Farben ins Spiel, lässt Seppl Herberger strahlen, oder setzt dem fast vergessenen Stürmer Albert Brückl ein Milchstraßen-Ehren-Mal, weil er während seiner zehn Jahre in der ersten SVW-Mannschaft 163 Verbandsspiel-Tore erzielte und damit wohl eine Marke für die Ewigkeit gesetzt hat.

Straßenkunst mit Kick auf Kästen der MVV. Fußballhelden gewinnen am Straßenrand technisch perfekt KonturWen die Götter lieben, den holen sie früh zu sich: Brückl starb 1931 mit 27 Jahren, Otto Siffling acht Jahre später im selben Alter, auch er erfährt Stencil-Würdigung. Einige der Fußball-Lichtgestalten sind noch gut im Schuss, sie sollen nun – 30 Jahre nach dem SVW-Aufstieg in die erste Bundesliga – ebenfalls Eingang finden in die Stencil-Ehrengalerie auf MVV-Kästen. Klaus „Schlappi“ Schlappner, der Königsmacher von 1983, und Günter Sebert, der als Spieler 700 Pflichtspiele für die Blau-Schwarzen absolvierte, diese beiden werden jetzt maßgeschneidert für einen genehmigten Auftritt am Straßenrand.

Doch legal kommen die wenigsten Schablonen-Größen raus: Ob Queen Victoria, Putin oder Merkel, sie alle wurden ungefragt und unerlaubt in Stellung gebracht. Klein, aber unverkennbar versprühen Unbekannte die Duftmarken, gerne mit subversiver Botschaft, nicht immer halten sich die Schöpfer an die Regeln des guten Geschmacks. Aber die Fußball-Ikonen zeigen Format, stehen souverän für ihren Sport, Denkmäler in Serie. Man darf gespannt sein auf Schlappi und ob er mit Pepitahut auf den Kasten kommt.

© Mannheimer Morgen, Dienstag, 30.07.2013