Gemischtes Fazit nach Veranstaltung „Neue Dimension? Fangewalt im Fußball gestern und heute“
Gemischte Eindrücke bleiben nach dem gestrigen Abend im Friedrich-Walter-Saal des Collini-Centers bestehen. Zum Thema “Neue Dimension? Fangewalt im Fußball gestern und heute” hatte PRO Waldhof e.V. in Verbindung mit dem Stadtarchiv Mannheim eingeladen. Eröffnet wurde der Abend vom Moderator Martin Willig, der nach einer kurzen Einführung den Redner des Abends ankündigte: Dr. Rudolf Oswald hielt zu Beginn der Veranstaltung einen äußerst interessanten Vortrag zur Gewalt im Mannheimer Fußball der 1920er und 30er Jahre. Neben den fachlichen Ausführungen und einem Überblick über die historischen Entwicklungen auf und neben dem Platz des frühen 20. Jahrhunderts, war es vor allem die lebendige Darstellung der Ereignisse, die den Zuhörern im Gedächtnis bleiben wird und manchmal für Erheiterung im Publikum sorgte. Gerade die damalige Ausdrucksweise der Journalie nach diversen Ausschreitungen sorgte für wiederkehrendes Schmunzeln. Besonders interessant war es, wie vor dem Krieg die Auseinandersetzungen der Mannheimer Stadtteile untereinander für Aufruhr sorgten, während Ende der 1930er und nach dem Zweiten Weltkrieg, dank einer neuen Ligeneinteilung, zunehmend Rivalitäten zwischen Städten entstanden. Zum Ende des Vortrags änderte Oswald den Fokus auf die Gegenwart. Dabei wurde deutlich, dass gerade deshalb, weil Gewalt im Fußball heutzutage anders als früher die Ausnahme statt die Regel ist, dies erst die Skandalisierung bedinge und dazu führe, dass sie, wenn sie dann doch einmal auftritt, eine große und teilweise auch überhöhte Aufmerksamkeit erfährt. Zu Recht erntete Oswald für seinen gelungen Vortrag viel Applaus.
Dem Vortrag folgten die umfangreichen Grußworte des Ersten Bürgermeister Christian Specht, welcher trotz terminreichem Tag mit Kaufhauseröffnung und Trauerfeier am Schloss noch zum Themenabend erschienen war. Die folgende Podiumsdiskussion mit Andreas Laib, Martin Boll, Rafael Buschmann, Christian Specht, Rudolf Oswald und Martin Schmidt driftete aber leider schon nach kurzer Zeit zu einer Diskussionsrunde mit dem ganzen Saal ab. Für uns bleibt festzuhalten, dass die Themenvielfalt wohl zu gut gemeint war und wir unterschätzt haben, wie viele Fragen beim Publikum noch an Stadt und Polizei speziell im Hinblick auf die jüngsten Ausschreitungen im August bestanden. Dabei war es eigentlich nicht unser vordergründiges Ziel der Diskussion gewesen, die Ereignisse rund um das Heimspiel gegen den OFC zu thematisieren, sondern vielmehr eine Auseinandersetzung mit Themen anzuregen, die Fußballfans allgemein beschäftigen: U.a. die sehr intransparente Datei „Gewalttäter Sport“, die Verkennung der Gewalt als ein gesamtgesellschaftliches und nicht nur fußballspezifisches Phänomen oder auch der Sinn- und Unsinn von Stadionverboten. Mit Experten aus unterschiedlichen Fachgebieten und mit unterschiedlichen Blickwinkeln auf Fußballfans wie Buschmann, Laib oder Boll hatten wir hierfür auch sehr kompetente Gäste vorort. Leider kam dieses Potential in Anbetracht der Fokusierung auf die Sicherheitsdiskussion rund um das Offenbach-Spiel nicht ausreichend zur Geltung. Wir von PRO Waldhof als Organisatoren des Abends bedauern diesen Verlauf der Diskussion, lernen aus dieser Premiereveranstaltung aber für zukünftige Abende. Außerdem stellen wir fest, dass in der Fanszene wohl noch viele Fragen offen sind, die man zeitnah mit der Stadt Mannheim und der Mannheimer Polizei diskutieren sollte.
Zum Ende danken wir allen anwesenden Gästen von Sportverbänden, Medien, Stadt, Polizei, Fans und neutralen Bürgern für ihr Interesse und Erscheinen. Hoffentlich sehen wir uns auch abseits des Stadions zu anderen Themen wieder.
PRO Waldhof e.V. im Oktober 2013