PRO Waldhof-Rede zur Mitgliederversammlung am 25.11.2019

PRO Waldhof-Rede zur Mitgliederversammlung am 25.11.2019Da wir immer wieder Anfragen nach der Rede unseres ersten Vorsitzenden Martin Schmidt bei der Mitgliederversammlung bekommen, haben wir uns entschlossen, die Rede zu veröffentlichen:

Liebe Waldhöfer,

ich darf als Vertreter unserer Mitglieder ein paar Worte an die Mitgliederversammlung des SV Waldhof Mannheim richten.

Zu Beginn möchte ich aus dem Waldhof-Lied zitieren, welches wir heute Abend hoffentlich noch inbrünstig singen!

«Drum, Ihr Sports-Vereins-Brüder, haltet euer Wort,
haltet euren Club in Ehren, dass er blühet fort».

Wenn wir rein auf die sportliche Entwicklung unserer 1. Mannschaft schauen, dann können wir in der Tat mit Freude behaupten, dass es derzeit wieder ein Aufblühen gibt, auf welches wir jahrelang gehofft haben. Das dies nur dank großzügiger finanzieller Zuwendungen von Herrn Beetz möglich war, dies wird kaum jemand in Abrede stellen. Herr Beetz – dafür sind wir überaus dankbar!

Wenn wir diese Zeile des Waldhof-Lieds aber auch unter anderen Aspekten betrachten, dann müssen wir feststellen, dass in der zurückliegenden Zeit nicht immer Wort gehalten wurde, und der Club nicht immer in Ehre.

Wir sind dankbar um finanzielle Sicherheit, keine Frage! Aber diese darf nicht den Preis haben, dass man das Miteinander aufgibt. Offensichtlich haben es in der aktuellen Ära jedoch viele verdiente Vereinsmitglieder nicht mehr als möglich erachtet in ihrem Amt weiterzumachen. Das ist traurig, denn für ihr Engagement in wirtschaftlich klammen Zeiten sind wir Ihnen sehr dankbar. Ich denke da z.B. an Klaus Geschwill.

Aber das bezieht sich nicht nur auf finanzielle Unterstützung, sondern auch auf tatkräftiges Engagement für unseren Verein. Viele Mannheimer mit Herz – erfolgreiche Unternehmer, Politiker, Fans, Höß, Kneller, Ritzmann, Gruber und es waren ja noch einige mehr. Menschen, die schon immer in und für diese Region gelebt haben, die aber alle ganz unabhängig voneinander sind und waren, die aber alle für sich das Gefühl hatten, dass für sie kein Platz mehr in einem Amt beim SV Waldhof vorhanden ist, Liebe Vereinsmitglieder, das stimmt mich und unsere PW-Mitglieder äußerst nachdenklich!

Liebes Präsidium, ja, Vereinsarbeit ist anstrengend, da gibt es unterschiedliche Interessensgruppen, insbesondere beim SVW auch ganz diverse Charaktere. Da gefällt einem nicht alles, was gesagt wird.

Gleichermaßen hat übrigens auch ein Fandachverband mit den Herausforderungen unterschiedlicher Charaktere zu kämpfen. Wir sind auch längst nicht mit allen Aktionen oder Gesängen eines jeden Fans oder einer jeden Gruppe im Stadion oder auf den Reisewegen einverstanden. Sind wir auch nicht!

An dieser Stelle möchte ich aber auch anmerken, dass es niemandem zusteht, ständig zu beurteilen, wer alles NICHT zur Waldhof-Familie gehören kann. Da wurden zuletzt so viele Personengruppen aus „der Familie“ ausgeschlossen, dass man ja schon Angst haben musste, der Verein geht letztendlich nicht an einer Insolvenz zu Grunde, sondern am Aussterben aller Nachkommen. Spaß beiseite: Diese Aussagen sind anmaßend. Das steht uns nicht zu, nicht gewählten Amtsinhabern und schon gar nicht Angestellten. Das ist respektlos vor dem Engagement und Werk vieler, die diesen Verein Jahrzehnte mitgestaltet haben.

Es muss doch viel eher darum gehen, im gemeinsamen Austausch und auch immer wieder im gemeinsamen Ringen, das Beste für diesen Verein mit seiner großen Tradition und Bedeutung zu erreichen. Vereinsleben, das ist etwas Demokratisches, das kann zäh sein, das ist nicht immer einfach, ist aber auch eine wunderbare Gelegenheit, um eben mit ganz unterschiedlichen Menschen etwas zu gestalten.

Im Sommer habe ich dazu mit unserem Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz gesprochen. Die Bedeutung des Vereinslebens – das ist insbesondere eine Stärke des SV Waldhof, habe ich ihm gesagt. Hier gelingt sie doch noch, die soziale Durchmischung, der Austausch zwischen Fans mit unterschiedlichen Ansichten. Da kommt ein konservativer Feudenheimer mit dem DoppelPassler oder Herrn Fulst-Blei zusammen. Und ganz ernst gesagt, auch die Sozialhilfeempfänger mit den Spitzenverdienern. Uns alle verbindet in diesen Momenten der Fußball und ganz besonders unser aller SV Waldhof – UNSER ALLER SV Waldhof!

Das Gespräch mit Herrn Dr. Kurz habe ich übrigens im Rahmen einer ganz wunderbaren Veranstaltung der Waldhof-Jugend zum Geburtstag des Grundgesetzes geführt. Mitorganisiert von unserer ehemaligen Vereinsmitarbeiterin Maren Schiffer. Da fragt man sich übrigens, wer sich aktuell um den e.V. kümmert?

Aber, zurück zum Projekt. Ein Workshop, von und für die Jugend, für die Integrationsarbeit, welcher bei den Besuchern, und darunter hauptsächlich Lokalpolitiker, höchste Anerkennung erfahren hat! Integration durch Sport, durch soziale Teilhabe, all dies im Mannheimer Norden, wo kann das besser gelingen als bei uns, liebe Mitglieder? Wenn wir mit der Jugendabteilung sprechen, dann hören wir aber vor allem Klagen.

Frustrierte Trainer und Eltern spüren keine Wertschätzung, die Versorgung minimal – statt eine Spende für die Jugend in Aussicht zu stellen, wenn es keine Pyro gibt – ich weiß, das ist ein emotionales Thema zwischen Vereinen und Fans, und zwar überall, nicht nur bei uns – stattdessen brauchen wir eine generelle und strukturelle Ausfinanzierung unseres Jugendbereichs!

Vielleicht gibt es dann endlich mal ein paar richtige Trikots und nicht nur Warmmachshirts zum Untereinander austauschen – wirklich wahr! Liebe Waldhöfer, bei solchen Defiziten beschleicht einen schon das Gefühl, dass der Verein, das Fundament nicht den großen Stellenwert bei den Verantwortlichen hat. Dabei waren die Waldhof-Brüder von morgen, und heute auch Schwestern im Übrigen, doch immer unsere Stärke!

Wir sind eben nicht Hoffenheim, wollen wir auch gar nicht sein! Das gilt aber nicht nur für unsere sportliche Basis, sondern insbesondere auch für unsere Identität und Atmosphäre im Stadion. Wofür kennt uns Fußballdeutschland denn, warum freute sich die ganze Liga auf unsere Rückkehr? Warum berichten die Tageszeitungen hier in der abgelaufenen Saison großflächig über einen Viertligisten obwohl unweit auch international auf höchstem Niveau gespielt wird? Weil hier das nächste Fußball-Produkt auftaucht – oder weil es hier noch eine authentische Fußballatmosphäre gibt?

„Der Fußball hat sich geändert, ohne kommerzielle Entwicklung geht es nicht mehr!“ – Meinetwegen, aber dann nutzen wir doch diese spezielle, diese raue Atmosphäre, die uns auszeichnet, die immer da war, als unsere Stärke, als unser Verkaufsargument und machen dies zu unserer authentischen Marke! Diese können alle vom Fan bis zur Geschäftsführung dann auch geschlossen präsentieren. Union Berlin ist ein gutes Beispiel wie das gelingen kann. Ich kann aber nicht Waldhof haben wollen, ohne Waldhof zu sein!

Bisher muss ich ehrlich gesagt bilanzieren, und das sage ich nicht nur aus meiner beruflichen Perspektive aus dem Sportmarketing, dass vom Aufbau einer Marke noch nicht viel zu sehen ist. Weder in der Strategie noch in der Kommunikation. Gleiches gilt übrigens für die angekündigte Good Governance, also den Überbegriff für Teilhabe – Konsens – Transparenz. Herr Beetz, beides, Markenaufbau und Good Governance, haben sie einst als ihre Stärken vorgestellt.

Ich glaube, da ist so wie bei manch einem unserer Stürmer beim Torabschluss noch Luft nach oben. Aber auch da habe ich noch Hoffnung, und so wie wir beim Spieler loyal an die Wende glauben, so glaube ich auch, dass wir gemeinsam, Fans und der Verein, eine Einheit sein können. Können – also … ehrlicher Dialog und Potentiale nutzen!

Daher darf ich meine Ausführungen mit einem Zitat beenden, welches ich kürzlich vom Präsidenten des Europäischen Rat gehört habe, und dieses als Appell mit auf den Weg geben:

«Wenn du schnell weiterkommen willst, geh’ allein,
wenn du es weit bringen willst, geh’ mit andern.»

Danke fürs Zuhören und ein Dreimal-Hoch dem Lederball!